Die Bilder aus Moria auf Lesbos sind bestürzend, es handelt sich um eine humanitäre Katastrophe. Moria steht aber seit Monaten in Flammen. In den Flammen des Elends, der
Verzweiflung, der Selbstaufgabe Europas. Die Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen auf den griechischen Inseln sind unbestritten katastrophal und untragbar. Diese desolate Situation
ist Europas unwürdig. Zur akuten humanitären Hilfeleistung und langfristigen Entlastung Griechenlands auf den Inseln brauchen wir so schnell wie möglich konkrete Lösungen. Fassungslos haben meine Bundestagskolleginnen und Bundestagskollegen die Pressekonferenz des Bundesinnenministers am Freitag verfolgt, der auf eine humanitäre Katastrophe, die 12-13000 Menschen betrifft, mit einem deutschen Beitrag in Höhe von 150 Personen antwortet. Wir haben noch einmal deutlich gemacht, dass das mit unserem Verständnis von Hilfe in der Not und europäischer Solidarität unvereinbar ist. Deshalb haben wir uns entschieden die Kanzlerin direkt anzuschreiben. Außerdem hat die AG Migration und Integration einen Beschluss gefasst.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,die Situation der Geflüchteten in Griechenland ist seit Monaten katastrophal. Mit dem Brand im Lager Moria ist nun eine noch dramatischere humanitäre Katastrophe eingetreten. Es ist unsere gemein-same europäische Verantwortung, endlich für menschenwürdige Bedingungen an unseren Außengrenzen zu sorgen und nun vor allem schnell in der Not zu helfen. Wir begrüßen die Zusagen aus Deutschland für humanitäre Hilfe und die Entsendung des THW. Der Aufbau von provisorischen Unterbringungen vor Ort, ohne die in Not lebenden Menschen aufs griechische Festland und in die EU zu evakuieren, birgt jedoch die große Gefahr, dass sich erneut prekäre Strukturen des Elends bilden. Vor allem aber die bisherigen Zusagen Deutschlands zur Aufnahme von Geflüchteten sind bestürzend gering. Der Bundesinnenminister hat heute verkündet, dass Deutschland 150 Minderjährige aus Moria aufnehmen wird. Diese Größenordnung ist der Lage nicht angemessen und beschämend. Länder und Kommunen haben bereits deutlich mehr Hilfe angeboten. Wir plädieren nachdrücklich dafür, dass Deutschland umgehend in der Größenordnung Geflüchtete aufnimmt, wie bereits Zusagen aus den Ländern vorliegen. Auch der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat sich für ein deutlich größeres Kontingent ausgesprochen. Jetzt ist Ihre Richtlinienkompetenz gefragt.Deutschland ist bereits Teil einer Koalition der Menschlichkeit, der elf EU-Länder sowie Serbien und Norwegen angehören. In diesem Rahmen können und sollten wir unsere Zusagen aus dem Frühjahr erhöhen. Andere Länder bleiben dazu aufgerufen, dies ebenfalls zu tun. Einen Grund, darauf zu warten, gibt es nicht. Vielmehr ist die Notsituation ein ausreichender Grund, schnell zu helfen und als Vorbild voranzugehen. Die Arbeitsgruppe Migration und Integration der SPD-Bundestagsfraktion hat gestern ein Positionspapier beschlossen, das wir diesem Brief beifügen. Wir schließen uns diesen Forderungen an und bitten Sie eindringlich, sich für deren Umsetzung einzusetzen. Den Inhalt dieses Briefes hat sich heute auch der geschäftsführende Vor-stand der der SPD-Bundestagsfraktion zu eigen gemacht.

Beschluss_AG_Moria_10.09_.2020 - Moria – Was jetzt zu tun ist